
Rot-Weiss Essen vs SSV Ulm 1846 3:2
Stadion an der Hafenstraße, 17.237 Zuschauer, 3.Liga

Zum Abschluss der Rückrunde kamen die Ulmer Spatzen zu Besuch an die Hafenstraße. Der SSV befindet sich auf einer wilden Achterbahnfahrt. Vor nicht zweieinhalb Jahren feierte der Verein den Aufstieg in die Dritte Liga und marschierte einfach mal durch in Liga Zwei. Aus dieser ging es aber direkt wieder runter und nun droht direkt das Horror-Szenario des Durchmarsches in die Regionalliga, denn aktuell belegen die Ulmer einen Abstiegsplatz. Grund dafür ist auch eine fiese Verletzungs-Misere. Trauriges Parade-Beispiel ist Dominik Martinovic. Der in Essen beliebte aber glücklose Stürmer, veränderte sich kurz vor dem Ende der Sommer-Wechselfrist an die Donau, traf direkt im ersten Spiel für die Schwarz-Weißen und erlitt noch diesem Spiel einen Kreuzbandriss. Weitere Spieler gesellten sich zu ihm ins Lazarett, so dass der SSV stark ersatzgeschwächt nach Essen reiste. Großartiges Selbstvertrauen strahlten die Gäste in der Anfangsphase auch nicht aus, so dass der glorreiche RWE direkt die Initiative übernahm. Genau das gehört ja zu den Dauer-Baustellen. Das Spiel im eigenen Stadion gegen auf dem Papier unterlegene Gegner zu machen, war zuletzt keine Parade-Disziplin der Götter in Rot und Weiss, klappte aber heute erstaunlich gut. Nach 60 Sekunden hätte die Tor-Musik eigentlich schon erklingen müssen, doch der junge Defensiv-Franzose Bouebari verzog. Lange dauerte es dennoch nicht, bis sich das Netz hinter dem Ulmer Schlussmann beulte. Und so klingelte es in den ersten zwanzig Minuten auch direkt zwei Male im Spatzennest.
Zunächst profitierte der am langen Pfosten lauernde Jansen von einer Fehleinschätzung des Ulmer Keepers, der eine Flanke unterlief. Und dann war es Klaus Gjasula, der mit einem artistischen Kopfball nach knapp einem Jahr im schönsten Trikot der Welt endlich seinen ersten Treffer für den Deutschen Meister von 1955 erzielte. Damit war der SSV eigentlich mausetot. Apropos Mause, dieser durfte erneut auf der Bank Platz nehmen und das völlig zurecht. Da der glorreiche RWE aber eigentlich ja immer für eine Nachlässigkeit im Abwehr-Verbund gut ist, blieben die Ulmer am Leben. Eine dieser fiesen Flanken, an die niemand so richtig rankommt, segelte nach einer halben Stunde Spielzeit in den Fünfer von Jakob Golz und rutschte ins lange Eck zum Anschlusstreffer. Ab diesem Zeitpunkt waren die Gäste besser im Spiel und Golz musste vor der Pause noch einmal sein ganzes Können im Eins-gegen-Eins aufbieten, um den knappen Vorsprung zu sichern. Nicht einmal zehn Minuten waren im zweiten Durchgang gespielt, als die Spatzen einen Eckball geschenkt bekamen. Eine Fehlentscheidung mit Folgen, denn wieder segelte der Ball Richtung des zweiten Pfostens und einen Kopfball später stand es zur Freude von 700 mitgereisten Ulmern – für diese Szene eine starke Zahl in der aktuellen Lage – unterstützt von ein paar versprengten Oberhausener Freunden unentschieden.
Völlig überflüssig, aber viel Zeit blieb nicht, um sich darüber zu ärgern. Moustier brachte eine seiner Einwurf-Schleudern in den Ulmer Strafraum. Diese wurde zwar geklärt, aber Mizuta lederte den geklärten Ball aus 18 Meter volley ins rechte untere Eck zur erneuten Führung. Die alte Regel des Fußballs. Stehste in der Tabelle unten, geht vieles schief. Stehst Du oben, gelingen Dinge, die sonst nicht gelingen. Der eingewechselte Safi hätte die Partie entscheiden können, als er einen Gäste-Verteidiger mit seiner Schnelligkeit stark überlief und den Schnapper schon ausgespielt hatte, sich aber noch entscheidend stören ließ und den Hundertprozenter vergab. Mal wieder, muss man sagen. Es reichte dennoch für den knappen, aber nicht ganz unverdienten Sieg. Die Stimmung – nicht überragend, aber bodenständig. Mit dieser Architektur kann die Hafenstraße nur zum Hexenkessel werden, wenn das Zusammenspiel von Ultra-Gruppen und den anderen Tribünen funktioniert und möglichst alle mitmachen. Beides passiert aber viel zu selten. Ich bin gespannt, ob die Schließung der offenen Ecken, welche im Sommer beginnen soll, die Stimmung entscheidend zum Positiven beeinflusst. Es brannte. Sehr oft. Meist einige Fackeln hier und da, dann mal roter und weisser Rauch und im letzten Spieldrittel gab es auch eine zentrale Aktion mit massivem Fackeleinsatz.
Ich bin zu Pyro positiv eingestellt. Der (verantwortungsvolle) Einsatz von Pyrotechnik ist für meinen Geschmack ein wertvolles optisches Stilmittel des Supports. Die RWE-Szene nutzte es in der Hinrunde aber zu häufig. Das gefällt nicht jedem und kostet vor allem viel Geld, da die Vereine ja vor dem Mafia-Verband einknicken und brav jede auferlegte Strafe zahlen, anstatt sich gemeinsam dagegen zu positionieren. Auch die zuletzt dauerpräsente, unsachliche Kritik, an der Polizei, beinahe eine Art Kriegserklärung, begründet durch ein jüngeres Choreo-Verbot aus mir nicht bekannten Gründen, findet in der rot-weissen Anhängerschaft keine Mehrheit. Zumal die Szene sich anmaßt für die ganze Stadt zu sprechen. Ich sehe polizeiliche Maßnahmen und Entscheidungen beim Fußball auch kritisch und oft nicht nachvollziehbar und willkürlich. Ein sachliches Aufbegehren trifft aber auf mehr Verständnis als wilde Polemik. Beide Sachverhalte spalten aktuell das rot-weisse Publikum und nach meiner Meinung wäre die Ultra-Szene gut beraten, die Schärfe herauszunehmen und etwas sparsamer mit brennbarem Material umzugehen, anderenfalls kann das die Stimmung bald endgültig vergiften. Was grundsätzlich schade wäre, aber eben auch die Mannschaft auf dem Rasen erreichen und hemmen kann, was eine aktuell durchaus existente Aufstiegs-Chance dann deutlich verkleinert.






























































































































































































































































